Unser Ernährungssystem in der Sackgasse: Wir müssen die Produktion von Proteinen revolutionieren
Die moderne Landwirtschaft hat sich in den letzten sechs Jahrzehnten unglaublich verändert. Doch trotz unvorstellbarer Innovationen stößt unsere Nahrungsmittelproduktion zunehmend an die Grenze der Tragfähigkeit unseres Planeten. Deshalb brauchen wir Menschen, die das Lebensmittelsystem der Zukunft ermöglichen – Menschen, die daran arbeiten, die Erzeugung von Proteinen zu revolutionieren.
In den 1950er-Jahren begann in Mexiko eine der größten Umwälzungen der Nahrungsmittelproduktion in der Geschichte der Menschheit.
Dort arbeitete der amerikanische Agrarwissenschaftler Norman Borlaug an einer alten Kulturpflanze: Weizen. Die Weltbevölkerung wuchs rasant und es war die Frage, ob die Landwirtschaft damit Schritt halten konnte.
„Der Kampf um die Ernährung der gesamten Menschheit ist vorbei“, schrieb der Wissenschaftler Paul Ehrlich 1968 in seinem Bestseller „Die Bevölkerungsbombe“. „In den 1970er-Jahren werden Hunderte von Millionen Menschen verhungern, trotz aller Notprogramme, die jetzt aufgelegt werden.“
Es sollte aber anders kommen. Heute leben mehr als dreimal so viele Menschen auf demselben Planeten, und der Hunger hat sich weltweit sogar verringert. Wie das sein kann?
Die Antwort lautet: „dank der grünen Revolution“. Das war eine Zeit zwischen 1960 und 1980, in dem die Erträge von Nutzpflanzen wie Weizen und Reis dank allerlei Innovationen auf dem Gebiet der Schädlingsbekämpfung, der Bewässerung und der Saatgutveredelung massiv anstiegen. Norman Borlaug wurde als „Vater der grünen Revolution“ und „Mann, der eine Milliarde Menschenleben rettete“ bekannt, weil er und sein Team in beispiellosem Tempo Nutzpflanzen kreuzten und neue hyperproduktive Weizensorten entwickelten.
Die grüne Revolution war eine Offenbarung: es stellte sich heraus, dass die Äcker der Welt sehr viel mehr Nahrungsmittel hervorbringen konnten als man es je für möglich gehalten hatte. Aber trotz der Arbeit von Borlaug und seinen Kollegen stößt unsere Landwirtschaft jetzt erneut an die Grenzen des Machbaren. Und dieses Mal gehen diese Grenzen nicht von den Pflanzen, sondern von unseren Tieren aus.
Mit zunehmendem Wohlstand in weiten Teilen der Welt – darunter Länder wie China, Südafrika, Brasilien und Mexiko – hat sich die Nachfrage nach tierischen Produkten, insbesondere nach Fleisch, explosiv erhöht. Das setzt den Planeten stark unter Druck: wenn sich die gesamte Weltbevölkerung so ernähren würde wie die Einwohner der Niederlande, bräuchten wir die gesamte bewohnbare Fläche der Erde für die Landwirtschaft.
Während die grüne Revolution also einen Durchbruch in der Art und Weise des Nutzpflanzenanbaus bedeutete, brauchen wir jetzt eine Revolution im Bereich der Proteine, die wir unter anderem in Form von Fleisch und Milchprodukten konsumieren. Und obwohl es vielversprechende Alternativen gibt – etwa die Fermentierung, Laborfleisch und pflanzliche Produkte – ist noch lange nicht klar, wie diese „Proteinrevolution“ genau aussehen wird. Klar ist jedoch, dass unser Ernährungssystem geändert werden muss.
Die drei großen Herausforderungen der modernen Landwirtschaft
Die moderne Landwirtschaft ist effizienter denn je, stößt aber dennoch an ihre Grenzen. Es gibt mindestens drei Hauptgründe, warum sie ihren Kurs ändern muss.
1. Landnutzung
Enorme Teile unseres Planeten bestehen heute aus Feldern und Weiden. „Der sichtbarste Abdruck, den die Menschheit auf dem Planeten hinterlassen hat“, schreiben die Datenjournalisten Hannah Ritchie und Max Roser, „ist die Umwandlung von Natur in landwirtschaftliche Nutzflächen.“
Inzwischen werden schon 45 Prozent der gesamten bewohnbaren Flächen der Erde für die Landwirtschaft genutzt. Das muss man sich einmal bildlich vorstellen: 48 Millionen Quadratkilometer, das ist mehr als der gesamte asiatische Kontinent!
Nur 16 Prozent des gesamten Ackerlandes werden für den Anbau von Nutzpflanzen für den menschlichen Verzehr genutzt, während 80 Prozent für die Viehzucht und die Produktion von Tierfutter verwendet werden. Tiere brauchen viel mehr Platz als Pflanzen, um die gleiche Menge an Nahrung zu erzeugen. Das für die Tierhaltung genutzte Land – also 80 Prozent – liefert gerade einmal 17 Prozent unserer Kalorien.
Die Viehzucht ist darum auch einer der wichtigsten Faktoren für den Rückgang der Artenvielfalt. Laut dem „Living Planet Index“ des World Wildlife Fund ist die Zahl der Tierarten, über die Daten vorliegen, seit 1970 um volle 69 Prozent zurückgegangen. Um diesen Trend umzukehren, müssen wir entweder auf viel weniger Land viel mehr Nahrungsmittel erzeugen, oder wir finden einen Weg, wie sich die Landwirtschaft mit der Natur vereinen lässt – oder am besten beides!
2. Klima
Unser derzeitiges Ernährungssystem ist auch eine der Hauptursachen für den Klimawandel. So werden zum Beispiel viele Wälder abgeholzt, um Ackerland zu gewinnen, und diese Abholzung setzt CO2 frei, das in den Bäumen gespeichert war. Anschließend produzieren die Rinder auf den Feldern große Mengen an Methan, was ein sehr starkes Treibhausgas ist, und auch die Lastwagen, Schiffe und Flugzeuge, die unsere Lebensmittel transportieren, stoßen Treibhausgase aus.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 ist die Nahrungsmittelkette für gut ein Viertel (26 Prozent) der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Es reicht also nicht aus, die Nutzung fossiler Brennstoffe einzustellen. Wenn wir die Ziele von Paris erreichen und bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen wollen, muss sich auch die Landwirtschaft ändern.
Der Übergang zu nachhaltigeren Proteinquellen kann dabei eine bedeutende Rolle spielen. Derzeit verursacht die Viehzucht bereits 30 Prozent der Gesamtemissionen der Nahrungsmittelproduktion, und dieser Anteil ist noch höher (52 Prozent), wenn man den Flächenverbrauch und die Futtermittelerzeugung für die Tiere mit einbezieht. Der Verkehr hingegen ist – im Gegensatz zu dem oft gezeichneten Bild – ein viel kleinerer Teil des Problems. Was die Emissionen betrifft, ist also viel relevanter, was Sie essen, als woher Ihre Lebensmittel stammen.
3. Tiere in der Nahrungskette
Ein drittes Problem, das mit einer nachhaltige Proteinproduktion gelöst werden kann, ist die Art und Weise unseres Umgangs mit Tieren.
Milliarden von Tieren in der Massentierhaltung haben ein kurzes, elendes Leben. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel, denn ohne Leiden der Tiere ist es nicht möglich, im selben Umfang und zum selben Preis tierische Lebensmittel zu produzieren. Die ökologische Tierhaltung ist zwar tierfreundlicher, benötigt aber noch mehr Land, das wir eigentlich nicht haben.
Platz für eine erwünschte Landwirtschaft
Bis vor kurzem gab es keine gute Lösung für all diese Probleme. Doch das ist jetzt anders: inzwischen befinden sich verschiedene Technologien in Entwicklung, die – obwohl sie noch in den Kinderschuhen stecken – eine neue Revolution einläuten können.
Erstens gibt es inzwischen dank der Investitionen in die Entwicklung aller Arten von Fleisch- und Milchersatzprodukten bessere pflanzliche Alternativen denn je. Aber die weltweite Nachfrage nach tierischen Produkten wird auf absehbare Zeit weiter steigen. Darum ist es wichtig, dass es möglich wird, gesunde, schmackhafte, erschwingliche und nachhaltige Fleisch- und Milchprodukte ohne Tiere herzustellen.
So werden beispielsweise durch Fermentation bereits die ersten nicht-tierischen Milchprodukte hergestellt. Darüber hinaus ist Laborfleisch, das von tierischem Fleisch nicht zu unterscheiden ist, nicht nur technologisch machbar, sondern könnte bereits 2030 ein ernsthafter Konkurrent für tierische Fleischprodukte sein.
Diese Alternativen müssen die Viehzucht nicht ersetzen, sondern geben dem Sektor (buchstäblich) Raum, um nachhaltiger zu werden: die eingesparten Flächen könnten für weniger intensive oder regenerative Formen der Landwirtschaft genutzt werden. Das ist sowohl für die Natur als auch für die Landwirte besser, die dann nicht mehr gezwungen sind, auf jedem Quadratmeter Fläche maximale Erträge zu erzielen.
Eine Geschichte der Möglichkeiten
Was hindert uns also noch daran?
Erstens wird Geld benötigt. Die Investitionen der Industrie steigen bereits rapide an, aber die Regierungen hinken noch hinterher. Das Good Food Institute schätzt, dass die Regierungen bislang erst 1 Milliarde Dollar in eine nachhaltige Proteinerzeugung investiert haben, während eigentlich 10 Milliarden Dollar pro Jahr benötigt werden.
Ein weiteres Hindernis ist die Rechtslage. Vor allem in der Europäischen Union ist es derzeit sehr schwierig, Produkte wie Laborfleisch und Molkereiprodukte aus Fermentationsprozessen auf den Markt zu bringen. Das Zulassungsverfahren dauert, mit viel Glück, 18 Monate, und bietet den Unternehmern wenig Sicherheit. Darum hat bis heute auch noch kein einziges Laborfleischprodukt eine EU-Zulassung erhalten.
Und drittens brauchen wir viel mehr engagierte und talentierte Menschen, die der Proteinumstellung auf die Sprünge helfen wollen. Denken Sie an Menschen wie Hans-Josef Fell, den Deutschen, der es geschafft hat, den ersten Einfuhrzoll für Solarmodule auszuhandeln. Ohne seine Bemühungen wäre die Solarenergie niemals so preiswert und weit verbreitet gewesen, wie sie es heute ist.
Und schließlich müssen wir uns sehr genau ansehen, was die Proteinumstellung für die Gesellschaft insgesamt bedeuten könnte. Um auf Norman Borlaug zurückzukommen: Während er in manchen Kreisen wegen seiner hyperproduktiven Nutzpflanzen ein Held ist, wird er von anderen wegen der unbeabsichtigten Auswirkungen seiner Arbeit heftig kritisiert. So wird unter anderem behauptet, seine Anbaumethoden würden die Böden auslaugen und zu Monokulturen und einer geringeren genetischen Vielfalt der Kulturpflanzen führen. Das heißt nicht, dass wir nun die Bremse ziehen müssen, sondern dass wir Menschen brauchen, die das ganze Bild sehen – unabhängig von kommerziellen oder politischen Interessen.
Wenn wir diese Umstellung richtig angehen, kann der Wandel ungeahnte Vorteile bringen. Für den Planeten, für die Natur, für die Tiere – und ja, auch für die Wirtschaft. Die Niederlande und Europa sind hervorragend aufgestellt, um im Ernährungssystem der Zukunft weltweit eine führende Rolle zu übernehmen.
Diese Geschichte, eine Geschichte der Chancen und Möglichkeiten, kann jetzt erzählt und verbreitet werden. Wir kennen die Probleme und wir sehen die Lösungen – jetzt brauchen wir nur noch die Menschen, die den Wandel herbeiführen.
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Translation by Elizabeth Manton
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